Jena

In Jena gab es Mitte der 90er Jahre, als ich noch in der Nähe wohnte, die schönste Straßenbahn in Deutschland. Bis auf einen Testwagen, den man bald wieder zurückschickte, gab es ausschließlich kleine, elfenbeinfarbene Zweiachser des Typs "Gotha".

Jena hatte damals zwei Straßenbahnlinien. Eine durchquerte die im engen Saaletal liegende Stadt von Nord nach Süd entlang ihrer Hauptachse. Hier fuhren wegen des doch recht ordentlichen Verkehrsaufkommens die kleinen Bähnchen mit jeweils zwei Anhängern, wie auf dem Foto.

Eine zweite Linie begann im Stadtkern am Holzmarkt und kletterte dann eine kurvenreiche Straße in östlicher Richtung den Berg hinauf. Das jedoch wollten meistens so wenige Leute, daß hier immer nur ein einsames Wägelchen fuhr. Nunja, die gesamte Strecke war man allerdings auch in einer Viertelstunde zu Fuß gegangen. Schön war hier auch, daß die Bahn eingleisig auf der südlichen Straßenseite verlief. Wenn sie bergab fuhr, kam sie den Autofahrern auf deren eigener Straßenseite entgegen. Aber die kannten das ja schon.

Jetzt war ich schon so etwa fünf Jahre nicht mehr in Jena und weiß garnicht groß, was aus der schönen Jenaer Straßenbahn geworden ist. Die Stadt hatte ja viel vor. Zwei neue Linien von der Innenstadt in die riesige Plattenbauwüste Lobeda, der größten Thüringens, wurden mittlerweile gebaut. Die bestehende Nord-Süd-Linie wurde modernisiert und in breitere Straßen verlegt, wo sie vorher durch enge Gassen fuhr. Mehr weiß ich leider nicht, weder, ob es noch weitere Neubauten gab, noch ob sie es etwa gewagt haben, die schöne, idyllische Linie 2 stillzulegen. Das wäre nämlich wirklich ein Verlust.